Die kleine Welt der Süsswasser-Gastrotrichen
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Mikroaquarium

Unter Mikroaquarien verstehe ich Präparate in Objektträgergröße, die man direkt mit dem Mikroskop beobachten kann. Dabei sollte die optische Qualität der Mikroaquarien (speziell die Schichtdicke) gut genug sein, um jede mögliche Vergrößerung zu verwenden. Außerdem sollte die Lebensdauer der Organismen zumindest einige Wochen betragen, um das Verhalten bzw. die Entwicklung der Objekte studieren zu können. Nicht zuletzt muss das Verfahren einfach und schnell anwendbar sein - ein umständliches und mit einem hohen apparativen Aufwand verbundenes Verfahren ist in meinen Augen im Amateurbereich nicht praktikabel.
Vor einigen Jahren bin ich im Internet auf eine Präparationsmethode gestoßen, die ich zu einem Langzeit-Mikroaquarium weiterentwickeln konnte. Ein solches Mikroaquarium ist folgendermaßen aufgebaut:

Aufbau
Aufbau eines Mikroaquariums

Die Lebensdauer eines “normalen”, temporären Tümpler-Präparates kann erhöht werden, wenn man das Verdunsten des Wasser effektiv verhindert. Dies kann erreicht werden, wenn man das Deckglas mit einem Vaseline-Rand wasserdicht versiegelt. Vaseline besitzt zu diesem Zweck eine Reihe von idealen Eigenschaften:

  • sie ist absolut wasserdicht
  • Vaseline ist luftdurchlässig (kennt man von Feuchtigkeitscremes auf Vaselinebasis)
  • wegen ihrer Konsistenz ist Vaseline leicht zu verarbeiten
  • sie ist in jedem Drogerie-Mark preiswert zu finden

Um das Deckglas mit einem Vaselinerand zu versehen, trägt man einen dünnen (!) Vaselinefilm auf seinen Handballen auf und streift mit jedem Deckglasrand einen dünnen Steg von der Haut ab. Das Deckglas kann dann direkt mit einem Rand auf den Objektträger (mit Probe) gesetzt werden. Von diesem Rand aus senkt man das Deckglas ab und drückt das Deckglas mit einem Holzstäbchen langsam auf die gewünschte Schichtdicke zurecht. Überschüssiges Wasser wird dadurch unter dem Deckglas heraus gedrückt und kann dann leicht entfernt werden.
Um ein langlebiges Mikroaquararium zu erstellen, ist es nötig eine relativ große Wassermenge im Präparat einzuschließen. Ist dieser Wasserpuffer zu gering, würden die Organismen nach wenigen Tagen versterben. Deshalb verwendet man für ein Mikroaquarium einen Objektträger mit Hohlschliff. Um die zur Beobachtung nutzbare Fläche zu erhöhen, verwende ich ein möglichst großes Deckglas (z. B. 24mm x 32 mm oder 24mm x 60mm). Dadurch ist die Fläche außerhalb des Hohlschliffs - die Fläche mit der optimalen Schichtdicke - maximiert.
Ein so erstelltes Mikroaquarium hat viele Vorteile:

  • Lebensdauer der Organismen bis zu 6 Wochen
  • große mechanische Stabilität:
    • durch das festsitzende Deckglas kann ist die Reinigung problemlos
    • senkrechte Aufbewahrung in normalen Präparateboxen (transparente Abdeckung!)
    • absolut stabile Verhältnisse auch für Langzeit - Videoaufnahmen
    • Einsatz von Immersionsöl unproblematisch: DG verrutscht nicht, Öl zieht nicht unter das Deckglas
  • Zusatzaufwand zur Erstellung nur wenige Handgriffe

Der Hauptvorteil ist aber in meinen Augen, dass sich die Organismen nach einer Eingewöhnungszeit von ca. einem Tag in den Mikroaquarien “natürlich” verhalten. Die typische große Unruhe, wie man sie aus den “normalen”, temporären Tümpler-Präparaten kennt, ist abgeklungen und die eingeschlossenen Tiere gehen zu ihrem “Tagesgeschäft” über. Die meisten Ciliaten weiden ruhig ihre Nahrung ab oder stehen sogar über Stunden an dem selben Platz und strudeln entspannt ihr Futter ein. Gastrotrichen beruhigen sich und tauchen nach einiger Zeit aus ihren Verstecken auf und weiden - optimal beobachtbar - die Unterseite des Deckglases ab.
Um diese entspannten Verhältnisse in einem Mikroaquarium zu demonstrieren, möchte ich folgenden - nahezu unbearbeiteten Film - zeigen, der in mehreren Mikroaquarien einige Tage nach deren Erstellung aufgenommen wurde:

Starter für Film
Zum Starten des Filmes bitte auf das Bild klicken!

Für mich ist diese Art der Präparation inzwischen die befriedigendste Art, die Wunderwelt im Tümpel zu beobachten. Natürlich ist es so nicht möglich, die letzten anatomischen Details der Organismen abzubilden. Dafür erhält man aber die Möglichkeit das Verhalten oder die Entwicklung der Organismen über einen langen Zeitraum und stressfrei zu verfolgen.