Die kleine Welt der Süsswasser-Gastrotrichen
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Aspidiophorus squamulosus

  • Ordnung: CHAETONOTIDA Remane, 1925
    • UnterOrdnung: PAUCITUBULATINA d'Hondt, 1971
      • Familie: CHAETONOTIDAE Gosse, 1864
        • Unterfamilie: CHAETONOTINAE Kisielewski, 1991
          • Gattung: Aspidiophorus Voigt, 1903
            • Art: squamulosus Roszczak,1935
scetch
(nach (Roszczak, 1935))
Länge ( flaschenförmig ):
115 µm - 265 µm

Breite:
30 µm - 42 µm

Kopfbreite ( fünflappig ):
20 µm - 28 µm

Halsweite:
17 µm - 26 µm

Furkalänge:
15 µm - 30 µm

Haftröhrchen:
50% der Furka

Pharyx ( zylindrisch, terminal geschwollen ):
23 µm - 45 µm

Munddurchmesser ( rund ):
12 µm

Dorsale Schuppen:
12-15 Reihen mit je 40-42 Stielschuppen mit rhombischen Endplatten ohne Mittelkiel (3-4 x 5-6 µm); Schuppenpanzer endet in Afterregion; Hinterende und Zehen nackt; 3 Paar kurze Stacheln an Zehenbasis (8-10 µm)

Ventrale Schuppen:
2 terminale Kiele (5-6 µm), 12 Reihen Kiele ohne Basisplatten

Ökologie:
Schlammbewohner

Ähnliche Arten:
A. paradoxus : ungekielte Basisplatten; Bestachelung am Hinterende; Mundbewaffung

Besonderheiten:
Mundbewaffnung spitze Spange

Fundorte:


Von den (lt. (Schwank, 1990) ) zwanzig limnischen Aspidiophorus-Arten sind in den “offiziellen” Artenlisten für Deutschland lediglich vier aufgeführt. Eine weitere Art wurde vor einiger Zeit von Michael Plewka beschrieben. Die Art Aspidiophorus squamulosus wurde bisher lediglich in Polen und in Westfrankreich nachgewiesen - also kein Wunder, dass dieses Tier auch bei uns, zwischen den bisherigen Fundgebieten, beheimatet ist.


Bild 1: Aspidiophorus squamulosus; optischer Schnitt und Schuppenbild

Der innere Aufbau des Tieres wird in der Seitenansicht recht deutlich:


Bild 2: A. squamulosus, Seitenansicht

A. squamulosus ist mit ca. 230µm etwas kleiner als die ähnliche Art A. paradoxus und grenzt sich eindeutig durch die je drei Stacheln über den Zehen ab (Bild 3, ob. li. und mi. re.). Außerdem besitzen die Endplatten der Stielschuppen keinen Mittelsteg. Auch das prominente, gefurchte Hypostomium (Bild 3, ob. re.) ist typisch für diese Art. Einige von mir gefundenen Tiere waren in ihrer “Zwitterphase” (post-parthenogenetische Phase) und zeigten ein sehr großes X-Organ und Spermienbündel (Bild 3, mi. li.). Ein Tier trug zusätzlich ein sehr große Ei (mit einem ausgeprägtem Nukleolus), das es im Laufe der ca. 10-tägigen Beobachtungszeit abgelegte. Leider habe ich die Eiablage selbst nicht beobachten können (auch das Ei habe ich im Präparat nicht gefunden).


Bild 3: A. squamulosus: Details;
ob. li.: Zehenstacheln; ob. re.: Hypostomium
mi. li.: X-Organ und Spermien (Markierung); mi. re.: Zehenstachel und Zehenschuppen;
un. li.: Querschnitt Schuppenpanzer; un. re.: Stilette (Markierung)

Wie so oft gab es einige Abweichungen von der Artbeschreibung in der Literatur. Bei bis zu 50 Generationen pro Jahr und jahrelanger Isolation in einen kleinen Gartenteich finde ich kleinere Abweichungen nicht verwunderlich. Möglicherweise sind aber auch bei den seltenen, früheren Beobachtungen einige Details nicht aufgefallen. So sollte die Zehenbasis unbeschuppt sein (Bild 3, mi. re.). Die von mir beobachteten Tiere zeigen aber viele sehr kleine, rundliche und enganliegende Schuppen. Lediglich die auffallenden Stielschuppen kommen am Hinterende des Tieres nicht mehr vor.

Bei einigen Aspidiophorus-Arten sind bewegliche “Zähne” in der Mundröhre beschrieben. Obwohl A. squamulosus zahnlos sein sollte, konnten zwei aktiv bewegliche Stilette beobachtet werden, deren Spitze in der Mundröhre endeten und an Tardigraden erinnerten (Bild 3, un. re.).

Die eigenartigen Stiel-Schuppen der Gattung Aspidiophorus sind im Schuppenverband nicht in ihrer dreidimensionalen Schönheit zu erfassen. Deshalb habe ich ein bedauernswertes Exemplar von A. squamulosus einer Schuppenanalyse unterzogen:


Bild 4: A. squamulosus; gefärbte und - leider - platt gedrückte Einzelschuppen

Da bei einer Schuppenanalyse gerade die sehr kleinen Schuppe ziemlich platt gedrückt werden, habe ich mich mal an einer zeichnerischen Rekonstruktion der dreidimensionalen Struktur versucht:


Bild 5: A. squamulosus; unten: Schuppenbild im Verbund; links oben: vereinzelte und gefärbte Schuppen; rechts oben: zeichnerische Rekonstruktion einer einzelnen Stiel-Schuppe

Ein weitere Punkt, der bisher offen blieb, ist der Speiseplan von A. squamulosus. Die Hauptnahrung besteht aus relativ großen einzelligen Algen bzw. Augenflagellaten. Um diese große Beute zu verschlingen, ist der Mund der Tiere mit beweglichen Lamellen ausgestattet, die zur Nahrungsaufnahme nach außen geklappt werden können (vgl. Captochaetus). Dadurch ist der Durchmesser der Mundöffnung - anders als bei den meisten Gastrotrichen -  stark erweiterbar. Bei der Schluckbewegung werden die Stilette in die Mundröhre gedrückt und die Beutezellen an ihnen vorbei geführt. Dabei wird die harte Zellwand wohl perforiert, so dass die Verdauungssekrete im Darm in die Zellen eindringen können.


Bild 6: A. squamulosus; mit Augenflagellaten gefüllter Darm

Untersucht man den Schlamm von stehenden Gewässern mikroskopisch, findet man immer wieder Gastrotrichengelege in leeren Schalen von Wasserflöhen mit manchmal dutzenden Eieren.


Bild 7: A. squamulosus; Fokusstack eines Gastrotrichengelege mit Eieren von mindestens drei unterschiedlichen Arten

Oft bestehen diese Gelege aus Eiern unterschiedliche Arten. Anscheinend legen eine Reihe von Arten ihre Eier bevorzugt in Wasserfloh-Schalen, in denen bereits andere Gastrotrichen ihre Eier abgelegt haben.
In einem solchen Gelege fallen oft relativ große (95µm x 55 µm), bestachelte Eier auf, die noch nicht mit der Embryonalentwicklung begonnen haben und wohl Dauereier darstellen.


Bild 5: A. squamulosus; Dauerei

Ein Ei des gezeigten Geleges begann sich zu entwickeln und stellte sich als ein Ei der Art A. sqamulosus heraus. Deshalb kann ich hier die zur Art gehörigen Eier zeigen.


Literatur:

(Roszczak, 1935)